Revolutioniert der 3D-Druck die Medizintechnik?

Von Felicitas Viegas
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Beinprothesen, Zahnimplantate und bald vielleicht sogar Herzklappen – die Medizintechnik feiert im Bereich 3D-Druck bereits Erfolge, die für die Zukunft wegweisend sind.

Bereits heute ist es möglich, nach genausten Konstruktionsdaten vollständige künstliche Herzen zu drucken. Der Weg bis zum vollständigen biologischen Herzen scheint da zumindest „nur“ noch in ferner Zukunft zu liegen,  aber nicht mehr unmöglich. Unbegrenzte Möglichkeiten machen die Faszination 3D-Druck und deren weitere Entwicklung aus. Dies gilt insbesondere für den HealthCare und Medizintechnik-Markt.

 

Auswirkungen für Medizinproduktehersteller

Die Vielzahl an Möglichkeiten, die der 3D-Druck bietet, treibt einen riesigen, wachsenden Markt voran. Für Hersteller im Bereich Medizintechnik und Fertigungsmesstechnik aber auch für Werkzeugmaschinenhersteller eröffnet sich hier ein immer größeres Spektrum an Produkten und Bedarf seitens der Medizin. Umso wichtiger ist es deshalb für MedTech Hersteller, die aktuellen Entwicklungen im Blick zu behalten. Denn nur so können sie die weitere Entwicklung aktiv mitgestalten.

Wie funktioniert 3D-Druck?

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Was vor zehn Jahren noch als Science-Fiction galt, ist mittlerweile in der Realität angekommen und kann mit Hilfe von Computern umgesetzt werden. Der 3D-Druck oder auch Additive Fertigung genannt, ist eine Technik, bei der das Material Schicht für Schicht nach programmierten Konstruktionsdaten übereinander gedruckt wird. Dafür wird vorab ein individueller Bauplan erstellt, z.B. nach einem Scan aus dem Computertomographen. Werkstoffe wie Titan, Kunststoff oder Keramik werden anschließend von Lasern oder Infrarotlicht Schicht für Schicht verschmolzen und übereinander gedruckt. Die Schichten sind dabei nur hundertstel Millimeter dick und können deshalb höchst präzise Strukturen abbilden. Durch maschinelle Herstellung wie Bohren oder Spritzen sind solch präzise und komplizierte Strukturen und Formen nicht herstellbar. Deshalb hat der 3D-Druck auch gerade bei komplizierten und sehr kleinteiligen Strukturen ein Alleinstellungsmerkmal.

Verschiedenste Anwendungsgebiete für 3D-Druck

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Theoretisch ist es möglich, jeden beliebigen Körperteil und jedes Organ mit dem 3D-Drucker herzustellen. Denn die hohe Materialeffizienz und Designfreiheit schaffen dafür einzigartige Voraussetzungen.

  • Prothesen und Medizinische Modelle aus dem 3D-Drucker
    So können z.B. Knie und Beinprothesen aus dem 3D-Drucker perfekt angepasst werden. Denn sie verfügen dank des präzisen Drucks über eine exaktere Passform. Außerdem sind Prothesen aus dem 3D-Drucker auch wesentlich leichter. So wiegt z.B. eine herkömmlich hergestellte Hüfte etwa zweieinhalb Kilogramm, eine Hüfte aus der Additiven Fertigung gerade einmal 200 Gramm. Hinzu kommt, dass die Herstellung im Vergleich zur herkömmlichen Fertigung schneller und so auch noch Zeit sparend ist.
    Auch bei der Vorbereitung auf komplizierte Operationen ist der 3D-Druck bereits eine einzigartige Hilfe. So nutzen Ärzte z.B. das additiv gefertigte Herz eines Patienten, um sich damit auf einen komplizierten Eingriff vorzubereiten. So können OPs besser geplant und vorbereitet werden, sind dadurch kürzer und verbessern das Behandlungsergebnis.
  • 3D-Technik für die Herstellung von Maschinenzubehör
    Neben der Herstellung von medizinisch-klinischen Produkten wie Prothesen ist aber auch auch ein wachsender Markt für die Produkte entstanden, die zur deren Herstellung benötigt werden. So werden z.B. bereits Bohrschablonen für die Fertigung und Planung von Implantaten per 3D-Drucker hergestellt.
  • Bioprinting weißt Weg in die Zukunft
    Funktionstüchtige Organe aus dem 3D-Drucker sind zwar noch Zukunftsmusik, aber der Weg dorthin wird nach und nach geebnet. Mit dem sogenannten Bioprinting, einer Sonderform des 3D-Drucks, könnte dies gelingen. Wesentlicher Unterschied ist das verwendetet Material. So kommen beim 3D-Druck speziell gezüchtete Zellen zum Einsatz, die dann durch einen Computer Schicht für Schicht aufeinander aufgetragen werden. Bislang wurden auf diese Weise jedoch lediglich Körperteile produziert, die eine rein stützende Funktion haben, wie z.B. Augenprothesen oder Gliedmaßen. Hier ist also noch viel Raum für weitere Forschung und Entwicklung.

Zukunftsmarkt Medizintechnik und HealthCare

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Vorteile des 3D-Drucks

Besonders für die Medizin und den Healthcare-Markt bietet der 3D-Druck atemberaubende neue Behandlungsmöglichkeiten. Einige Vorteile liegen dabei klar auf der Hand:

1. Hohe Passgenauigkeit und geringe Abstoßreaktionen

Durch die individuelle Fertigung von z.B. Prothesen ist eine hohe Passgenauigkeit gewährleistet. Außerdem wird so die Abstoßreaktion verringert. Für die Medizin bedeutet der 3D-Druck eine Fülle an neuen Behandlungsmöglichkeiten, die schonender für den Patienten sind und bessere Behandlungsergebnisse erzielen können als mit herkömmlichen Produkten. 

2. Selbst kleinste Anfertigungen möglich

Dadurch, dass bereits hundertstel Millimeter abgebildet werden können, sticht der 3D-Druck alle anderen Fertigungsmöglichkeiten aus. Denn nur so sind hoch präzise Fertigungen möglich.

3. Vielzahl von Möglichkeiten für medizinischen Einsatz

In der Medizin wird in Zukunft vor allem die Weiterentwicklung des Bioprinting eine entscheidende Rolle spielen. Schier unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten von additiv gefertigten Herzklappen bis zu ganzen Organen könnten die medizinische Versorgung auf der ganzen Welt revolutionieren. Bereits heute spielen bei der Behandlung von Verletzungen nach Traumata, Tumoren oder Knochenläsionen rekonstruktive Implantate aus dem 3D-Drucker eine bedeutende Rolle.

4. Nachhaltigkeit

Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit, Umweltfreundlichkeit – auch diese Vorteile von dreidimensionalem Druck liegen klar auf der Hand. Wandert z.B. beim Fräsen von Metallteilen bis zu 90 Prozent des Materials in den Abfall, sind es bei gedruckten Bauteilen selten mehr als zehn Prozent. Außerdem kann Pulver, das beim Drucken übrig bleibt, gefiltert werden und wieder in den Kreislauf eingespeist werden, und das bis zu zehnmal.

5. Globale Auswirkungen - Transportkosten sparen

Auch auf die globale Arbeitswelt könnte der 3D-Druck schon bald Auswirkungen haben. Denn aufwendige Produktionen und Transporte aus dem Ausland könnten überflüssig werden, wenn einfach selbst vor Ort das fehlende Ersatzteil gedruckt werden kann. Das hätte auch Auswirkungen auf Lagerbestände. Es müssten dann „nur“ noch Rohmaterial und Designs um die Welt geschickt werden.

6. Langfristig: Kostenreduzierung für den Gesundheitsmarkt

3D-Druck ermöglich maßgeschneiderte Produkte, die ehemals aufwendige Herstellungsverfahren stark vereinfachen  – sowohl in der Fertigung, als auch durch eine schnellere Produktionszeit. Zwar wird dies zuerst zu einer Kostensteigerung führen, langfristig lassen sich aber so Kosten im Gesundheitsmarkt reduzieren, da bessere medizinische Möglichkeiten und Verfahren auf Dauer das Gesundheitssystem entlasten. 

Herausforderungen des 3D-Drucks in den kommenden Jahren

Doch so vielversprechend die Zukunft des 3D-Druck auch aussieht – es gibt Herausforderungen für die weitere Entwicklung, die gerade für Hersteller und Unternehmen im Health-Care-Markt hohe Relevanz haben.

Keine Langzeiterfahrungen: Bislang gibt es noch keine Langzeiterfahrungen bzw. Studien mit den additiv gefertigten Produkten. Erst in circa fünf bis zehn Jahren wird man also gesicherter Aussagen darüber treffen können, wie Implantate langfristig vertragen werden. Erst dann wird man auch detaillierte Aussagen über Vor- und Nachteile im Vergleich zu herkömmlichen Produkten treffen können.

Überschätzung der Möglichkeiten: Trotz großer Geschwindigkeit bei der Weiterentwicklung des 3D-Drucks bis hin zum Bioprinting müssen sich Industrie, Hersteller und Kunden bewusstmachen, dass die Produkte eine angemessene Zeit zur Ausreifung brauchen. Nur so lassen sich langfristig gesicherte Produkte auf dem Markt etablieren.

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Zertifizierung als Medizinprodukt: 3D-Druckkunstoffe beispielsweise verfügen bereits über eine Medizinprodukteklasse, so dass sie für Produkte in Dentallaboren zum Einsatz kommen können. Doch im Gegensatz zur Dentalmedizin gibt es in der Humanmedizin noch größere Hürden für die Anerkennung und Zertifizierung z.B. von Implantaten als Medizinprodukt. Sie fallen unter die Richtlinien der MDR und müssen ein entsprechendes Verfahren durchlaufen.

3D-Druck-Markt: stetig wachsend!

3D printing will potentially have a greater impact on the world over the next 20 years than all of the innovations from the industrial revolution combined”, das sagt die Deloitte-Studie: “3D-Druck-Prognosen”für die Zukunft voraus.

Auch in Deutschland zeigt sich, dass potente Quereinsteiger immer stärker in den Markt drängen. Doch bei einem großen, wachsenden Markt wie dem des 3D-Drucks haben zur Zeit ebenso etablierte Hersteller im Bereich Additiver Fertigung die Möglichkeit, ihre Position zu behaupten, sowie gleichzeitig auch kleinere Firmen gute Auftragslagen. So lag laut statista der Umsatz mit 3D-Druck-Produkten in Deutschland im Jahr 2016 bei circa einer Milliarde Euro.

Aber auch im weltweiten Vergleich sind deutsche Hersteller im Bereich von 3D-Druckern gut aufgestellt. Wichtigster Hersteller weltweit nach Umsatz im Jahr 2016 (in Millionen US-Dollar) ist laut statista die Firma Stratasys  aus den USA mit 427 Milliarden. Auf Platz zwei folgt aber bereits das deutsche Unternehmen EOS mit 210 Milliarden. 

Medizin im 3D-Druck auf dem Vormarsch

Auch bei der Anwendung von 3D-Druck weltweit nach Branchen 2016 zeigt sich deutlich, dass die Fertigung in der Medizintechnik bereits etabliert ist. So liegen Kunststoffe auf Platz ein, Pharmaindustrie und Medizin aber bereits auf Platz vier. Gefragt nach der Nutzung von Endprodukten aus dem 3D-Drucker liegt Deutschland sogar an der Spitze vor anderen westeuropäischen Ländern, China und den USA. Der Bedarf und die Nachfrage nach additiv gefertigten Produkten bestätigt dies. Prognosen sehen das Marktvolumen von "Additive Manufacturing" weltweit bis zum Jahr 2023 sogar bei 7,7 Milliarden Euro. 

Auswirkungen für MedTech-Hersteller

Die Aussichten für Hersteller im Bereich Medizintechnik sind also gut. Denn sowohl etablierte als auch neue Firmen haben die Möglichkeit, sich gezielt auf dem Markt zu platzieren und Forschung und Entwicklung im 3D-Druck Bereich aktiv mitzugestalten. Gleichzeitig ist ein hohes Maß an Flexibilität gefragt, um frühzeitig auf neue Entwicklungen einzugehen, vorauszudenken und so den Markt anzuführen.

Hohe Innovationskraft und effektives HealthCare-Marketing gefragt!

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Um neben den technologischen und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen des 3D Drucks effektiv Medizinprodukte zu vermarkten, bedarf es daher auch eines gezielten HealthCare-Marketing. Nur so können Medizinproduktehersteller langfristig und effizient auf ihre Entwicklungen aufmerksam machen, sich im WorldWideWeb etablieren und Kunden effizient an ihre Produkte binden! 

 

 

Quellen: 

https://www2.deloitte.com/content/dam/Deloitte/ca/Documents/insights-and-issues/ca-en-insights-issues-disruptive-manufacturing.pdf

https://www.computerwoche.de/a/3d-druck-und-anwendungen,3092085

http://www.zeit.de/news/2017-05/18/medizin-medizin-aus-dem-3d-druckerbald-auch-organe-18135616

https://dupress.deloitte.com/dup-us-en/focus/3d-opportunity/additive-manufacturing-fda-regulations-medical-devices.html

https://www.morgenpost.de/wirtschaft/article212334225/Wie-3D-Drucker-die-Medizintechnik-umwaelzen-koennten.html

http://www.scinexx.de/business-22130-2017-11-24.html

https://www.computerwoche.de/a/so-revolutioniert-der-3d-druck-die-medizin,3214496

https://www.devicemed.de/nichts-fuer-nerds-3d-druck-in-der-medizintechnik-a-663466/

https://www.3d-grenzenlos.de/magazin/marktforschung/deloitte-marktprognose-3d-druck-2025-27214293/

https://www.planet-wissen.de/technik/computer_und_roboter/dreidimensionaler-druck/dreidimensionaler-druck-medizin-102.html

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/581453/umfrage/anwendung-von-3d-druck-weltweit-nach-branchen/

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/445066/umfrage/prognose-zum-umsatz-mit-additiver-fertigung-weltweit/

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/581411/umfrage/umsatz-mit-3d-druck-in-deutschland-und-weltweit/

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/444995/umfrage/wichtige-unternehmen-aus-dem-bereich-3d-druck-weltweit-nach-umsatz/

https://de.statista.com/statistik/daten/studie/581411/umfrage/umsatz-mit-3d-druck-in-deutschland-und-weltweit/

Thema: Digitalisierung

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